قصة ألمانية Das rote Auto السيارة الحمراء بالتمرين B1

قصة ألمانية Das rote Auto السيارة الحمراء بالتمرين B1

Er steht am offenen Fenster und atmet tief durch. Die frische Bergluft tut gut. Er genießt den weiten Blick über Wald und Wiesen bis ins Tal. Ganz unten kann man die Straße sehen.

Das rote Auto kommt aus der Kurve und wird schneller. Bis zur Kreuzung sind es noch zwei- bis dreihundert Meter. Normalerweise hört er den Verkehr nicht; die Entfernung ist zu groß. Er sieht nur bunte Spielzeugautos, die ge- räuschlos das Tal durchqueren. Nur ab und zu biegt eines ab, in die Ausfahrt zu diesem Städtchen hier oben. Eine schmale Straße führt den Hügel hinauf, in langen Kurven über die Felder und durch den Wald. Knapp zehn Minuten dauert die Fahrt vom Tal bis hierher. Er weiß das, er ist die Strecke oft genug gefahren.

Das Städtchen ist eigentlich immer noch ein Bauerndorf. Es gibt nur ein Hotel und drei, vier Pensionen. Der Ort ist sein geheimer Fluchtpunkt. Immer wenn er von der hekti- schen Großstadt genug hat, kommt er hierher. Eine gute Stunde mit dem Auto, und schon ist man in einer anderen Welt. Das fasziniert ihn immer wieder.

Das rote Auto kann er hören. Seltsam! Das Motoren- geräusch, ein leises Summen. Es ist allein auf der Straße. Ganz allein, auch kein Gegenverkehr. Ungewöhnlich um diese Zeit. Er wartet auf das Blinkzeichen, aber es kommt nicht. Die Ausfahrt ist schon ganz nah. Zu nah.

Also eigentlich nichts Besonderes. Nur ein rotes Auto, das vorüberfährt. Plötzlich bremst es und geht in die Kurve, ohne zu blinken. Ein riskantes Manöver, aber nichts pas- siert. Ein rotes Auto, das abbiegt.

Er lehnt sich vor und kneift die Augen zusammen. Der rote Fleck bekommt langsam Formen. Tatsächlich: Es ist ein VW Käfer, ganz sicher.

Laura. Er versucht sich zu erinnern, sich ganz genau zu erinnern.

الكلمةالمعنى بالعربية
geräuschlosبصمت
der Hügelالتلّ
hektischمُضطرب / عصبي
das Summen (Sg.)الزنين (مفرد)
das Blinkzeichenإشارة الوميض

Es war keine feste Verabredung. Nur ein Vorschlag. Für sie sah es vielleicht aus wie ein Scherz oder eine höfliche Flos- kel von ihm zum Abschied, um irgendetwas zu sagen.

Lassen Sie sich ruhig Zeit”, hatte er zuerst gesagt, und schicken Sie mir die Arbeit dann einfach in den Semester- ferien.”

Laura hatte schon erleichtert genickt. Dann hatte er im letzten Moment diesen Einfall gehabt.

„Sie können mir die Arbeit natürlich auch selbst vorbei- bringen.”

Er wartete einen Moment, selbst überrascht von diesem Angebot. Normalerweise gab er seine Ferienadresse nie- mandem, vor allem nicht seinen Studenten. In seiner klei- nen Bergidylle wollte er zwar lesen, aber bestimmt nicht die Literaturarbeiten seines Seminars.

Ich hätte Zeit“, fügte er hinzu, und vielleicht gibt es ja noch was zu besprechen.”

Vielleicht war die Einladung ein bisschen zu forsch. Eine plumpe Annäherung. Der junge Dozent und seine Lieb- lingsstudentin. Fast aufdringlich.

„Ich meine …, wenn Sie noch Fragen haben oder so.” Sie sah ihn an, erstaunt, aber nicht befremdet.

„Das ist wirklich nett von Ihnen”, sagte sie, wahrschein- lich habe ich wirklich welche. Vielleicht sogar eine ganze Menge.”

Sie lächelte.

Ehrlich gesagt, ich hatte so viel zu tun in den letzten Wochen und noch kaum Zeit, mich richtig mit dem Thema zu beschäftigen, obwohl es mich wirklich interessiert. Sehr sogar.

Biografie: Ein Spiel. Das Theaterstück von Max Frisch”

Sie wollte die Arbeit jetzt auf jeden Fall schreiben. Vor Wien. Sie brauchte den Schein. Für Wien.

Wien. Sie hatte ihm von dem Stipendium schon während des Semesters erzählt, weil sie eine Bescheinigung von ihm brauchte. Ein Jahr in Wien, das war eine tolle Chance für sie. Wien, das war der Punkt.

Die meisten Studenten würde er wohl im nächsten Semester wiedersehen, aber ausgerechnet sie wäre weg. Vielleicht für immer.

الكلمةالمعنى بالعربية
der Scherzالمزح
die Floskelالتعبير المألوف
der Einfallالفكرة
forschجريء / متهور
plumpغير أنيق / سخيف
aufdringlichمُزعج / مُتطفل
befremdetغير مرتاح / مُرتاب
der Scheinالمظهر / الشكل
das Stipendiumالمنحة الدراسية
die Bescheinigungالشهادة / التصريح

Das Auto, schwer zu erkennen zwischen den Bäumen, ver- schwindet in einer Kurve. Er öffnet die Balkontür, tritt hi- naus und sieht hinunter auf die Hauptstraße, die sich vor dem Hotel zu einem kleinen Platz erweitert. Er sieht auf die Uhr: In drei, vier Minuten müsste das Auto hier sein.

Zu spät. Immer wieder hatte er in seinem Leben dieses Gefühl gehabt: zu spät. Man studiert, man arbeitet, man bemüht sich und hat dabei nicht den Eindruck, etwas zu versäumen. Aber plötzlich gehen einem die Augen auf, und man hat doch etwas verpasst. Zu spät!

الكلمةالمعنى بالعربية
gut ankommenأن يُعجب أو ينال إعجابًا
eifrigمتحمس
(umgangssprachlich)(عامية)
jemanden beeindruckenأن يبهر شخصًا
genügenيكفي / يكون كافيًا
das Komplimentالإطراء / الثناء

Er hatte sich sehr auf die neue Stelle an dieser Uni kon- zentriert, er wollte nichts falsch machen als junger Dozent, kaum älter als einige seiner Studenten. Nur keine Anfän- gerfehler!

Er war froh, dass seine Vorlesung gut besucht war und dass sein Seminar offenbar gut ankam. Die meisten Stu- denten waren motiviert und arbeiteten eifrig mit. Er freute sich über jede Frage im Kurs, jedes interessierte Gesicht, jedes Lächeln.

Mit der Zeit hatte er sich die Gesichter und die Namen dazu gemerkt, und allmählich hatte er auch einige seiner Studentinnen und Studenten kennengelernt. Vor allem natürlich die Leute, die auch in seine Sprechstunde kamen. Laura kam nie in sein Büro, aber sie meldete sich oft im Seminar. Ihre überraschenden Fragen, ihre intelligenten Kommentare beeindruckten ihn. Dabei fragte er sich manchmal, ob ihr das Seminar überhaupt gefiel. Das war schwer zu sagen. Ihr Blick war meistens kritisch, und sie schrieb offenbar kaum mit. Aber sie hatte die Texte immer gelesen, sie war bestens vorbereitet. Sie hatte wirklich Ah- nung von Literatur. Das gefiel ihm.

Eines Tages wartete sie nach dem Seminar vor der Aula. Sie wollte wegen des Stipendiums mit ihm sprechen.

Sie brauche von einem ihrer Profs einen Brief, eine Art Empfehlung, sagte sie. Ob er das übernehmen könne? Es hätte keine Eile; bis zum Ende des Semesters würde genügen.

Er war natürlich einverstanden. Sie bedankte sich und ging schon weiter, drehte sich dann aber noch einmal um. „Übrigens, das war gut heute, richtig gut.”

Ein kurzes Lächeln, und weg war sie.

Seltsames Kompliment, dachte er. Heute? Nur heute? Kurz darauf fehlte sie, eine Woche lang. Er merkte, dass er ihren Blick vermisste. Ihre Fragen, ihre Einwürfe. Er befürchtete schon, dass sie abgebrochen hatte; sein Semi- nar war keine Pflichtveranstaltung. Den Schein bekam sie auch woanders, den Brief wohl auch. Aber eines schönen Morgens saß sie wieder da. Er spürte die Erleichterung. Dann, schon gegen Ende des Semesters, Theaterbesuch mit seinen Studenten. Die Antigone” von Sophokles, in einer modernen Version. Danach eine Kneipe. Laura saß ihm schräg gegenüber. Entspannte Atmosphäre, sie sprachen über die Aufführung. Danach fingen die Studenten an, ihn auszufragen, nach seinen Vorlieben, Literatur, Kino, Musik. Nicht akademisch, sondern privat.

Moderne Romane?

“Max Frisch”, antwortete er spontan. Homo Faber?”, fragte jemand.

„Nein, nicht unbedingt”, meinte er.

Montauk”, hörte er jemanden sagen. Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Stimmt”, antwortete er überrascht.

Hatte Laura das gesagt?

Er hätte ihr jetzt gern Fragen gestellt, aber er kam nicht dazu. Das Gespräch ging weiter, die Studenten ließen nicht locker und wollten noch vieles wissen. Der Dozent privat bei einem Glas Wein, das war schließlich eine gute Gelegenheit.

Es wurde noch ein ziemlich langer und lustiger Abend. Nach der Kneipe zogen sie in eine Bar und schließlich sogar noch in eine Diskothek. Das hatte er auch schon lange nicht mehr gemacht. Er wollte schon nach Hause, aber er ließ sich überreden. Auf ein letztes Glas, dachte er.

Die Musik war überraschend gut, südamerikanisch, rich- tige Tanzmusik. Er lehnte an der Bar, sah den Tanzenden zu, und war ganz glücklich so.

Plötzlich stand Laura neben ihm.

So, jetzt sind Sie dran”, sagte sie verschmitzt, nahm seine Hand und zog ihn auf die Tanzfläche.

War sie überrascht, dass er das auch ganz gut konnte? Merengue, Salsa? Vielleicht ein bisschen.

Sie tanzten, fast wie eingespielt, ganz leicht folgte sie sei- nen eher improvisierten Impulsen, zu immer gewagteren Figuren.

“Hey”, lächelte sie irgendwann, „das macht richtig Spaß!” Ihr seltenes Lächeln, und plötzlich ganz nah. Hautnah. Später wechselten die Partner eine Zeit lang, am Ende tanzte er wieder mit ihr, bis die Musik schließlich abbrach. Von der Gruppe waren nur noch wenige übrig. Aber alle waren bester Laune. Sie bestellten sogar noch eine Flasche Sekt, als krönenden Abschluss. An diesem Abend sah er den VW Käfer zum ersten Mal. Sie fuhr ihn nach Hause. Ihn und zwei ihrer Kommilitonen.

Es würde schwer werden, dachte er, wieder zum Ernst des Seminars zurückzukehren.

Aber am folgenden Montag war alles wieder normal. All- tag. Es ging auf das Semester-Ende zu. Prüfungen, Abgabe der Arbeiten.

Laura war wieder ganz zurückhaltend. Ihr kritischer Blick.

War es gut so? Oder wäre ihm ein Zeichen lieber gewesen? Sie gab kein Zeichen, aber sie kam in seine Sprechstunde. In seinem Büro saßen noch zwei Kollegen. Er schlug vor, in die Cafeteria zu gehen.

Das Papier für Wien und ihr Problem mit dem Abgabeter- min. Sein Einverständnis, dass sie ihre Arbeit nachschicken konnte. Dann sein Angebot, sie ihm in den Ferien vorbei- zubringen. Nein, der Vorschlag war nicht unseriös.

Irgendwann setzte sich ein Kollege zu ihnen an den Tisch. Ihre Unterhaltung sah wohl nicht nach einer offiziel- len Sprechstunde aus. Sie plauderten noch ein wenig zu dritt. Dann kam der Abschied, draußen auf der Treppe vor der Cafeteria. Er hätte sie gern bis ans Auto begleitet. Aber das kam ihm irgendwie unpassend vor, der Kollege stand noch dabei.

Er sah sie noch über den Parkplatz laufen. Wieder der rote Käfer. Sie drehte sich noch einmal um. Ein kurzer Wink, dann stieg sie ein und fuhr langsam davon.

Im Büro fiel ihm ein, dass sie keine Telefonnummer hatte. Aber er hatte den Namen des Hotels ein paar Mal erwähnt.

الكلمةالمعنى بالعربية
der Einwurfالتعليق المفاجئ
befürchtenيخشى
spürenيشعر
die Erleichterungالارتياح
die Kneipeالمقهى
die Vorliebeالاعجاب
eingespieltمتمرس
eherبالأحرى
gewagtجريء
abbrechenيقاطع / ينهي
der krönende Abschlussالختام المتميز
der Kommilitoneزميل الدراسة
zurückhaltendمحتفظ
das Einverständnisالموافقة
plaudernالثرثرة

Der Platz vor dem Hotel liegt in der Mittagshitze. Kaum Verkehr, nur ein paar Fußgänger mit Einkaufstüten. Er sieht nach links, die Hauptstraße entlang. Ganz hinten, wo die Felder beginnen, kann man das Ortsschild erkennen. Von dort kommen die Autos aus dem Tal.

Er hört wieder das Summen eines Motors, das Fahrzeug ist noch nicht zu sehen.

Hatte er einen Plan?

الكلمةالمعنى بالعربية
zu tun habenيتعلق / له علاقة
die Quelleالمصدر
der Höhenwegطريق في الجبال

Eigentlich nicht vorstellbar, sie plötzlich hier zu sehen. Ihr Blick in dieser Umgebung. Der Anfang musste nicht schwer sein. Es ging schließlich um ihre Arbeit. Die war der gute Grund für das Treffen. Sie würden zu tun haben und sich an ihre Fragen halten, sich daran festhalten.

Besprechung in der Hotelhalle, an der Bar oder an einem der Sofatische. Oder im Hotelzimmer, auf dem Balkon. Oder war das schon zu intim? Danach konnte er sie zum Essen einladen. Nicht hier, sondern im Gasthof drüben, im Biergarten. Genau! Oder sollten sie gleich dorthin gehen und die Besprechung dort abhalten? Nach dem Essen, bei einem Kaffee?

Danach ein Spaziergang, wenn sie noch Zeit hatte. Die kleine Wanderung zur Quelle im Wald. Der Höhenweg mit den herrlichen Aussichten …

Weiter hatte er nicht gedacht. Nicht gewagt, zu denken.

الكلمةالمعنى بالعربية
die Häuserzeileسلسلة البيوت
schepperndصداع / صوت معدني معترة
das Kopfsteinpflasterالحجارة الرصيفة
unvermindertدون تقليل

Er blickt weiter nach links, die Häuserzeile entlang. Das Summen wird stärker. Plötzlich taucht der rote Käfer auf. Tatsächlich.

Er dreht sich kurz um und sieht in sein Zimmer hinein. Das schmale Bett, der kleine Tisch, der offene Koffer. Bücher auf dem Nachttisch. Die Bücher, die er hier lesen will. Montauk”, nach vielen Jahren wieder.

Dann schaut er wieder auf die Straße hinunter. Das rote Auto hat den Platz erreicht, ist jetzt genau unter ihm. Er wartet auf den Blinker, auf die Bremsung. Aber es rollt weiter, scheppernd über das Kopfsteinpflaster, mit unver- minderter Geschwindigkeit.

Wie lange ist das jetzt her, denkt er, und blickt dem Auto hinterher. Elf Jahre, zwölf Jahre?

Ein roter Fleck in der Ferne, verschluckt von einer Kurve.

التمرينات فى القريب العاجل إن شاء الله، إنتظروا..

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